Eine Checkliste von 20 Punkten, mit der du immer auf der sicheren Seite bist.
Laut Verbraucherzentrale fällt jeder vierte Hilfesuchende den Machenschaften von Scharlatanen zum Opfer.
Das ist eine erschreckend hohe Zahl. Und diese Zahl ist auch dann noch erschreckend hoch, wenn man davon ausgeht, dass genau diese Hilfesuchenden schon lange hilflos auf der Suche nach Hilfe sind.
Eben diese Not nutzt der Scharlatan schamlos aus.
Der anderen Not – ist sein Brot. (1)
Er ist ein ruchloser Rattenfänger von:
• Menschen, die ein langes Leid mit sich tragen.
• Menschen, die „einfach“ verzweifelt sind und verzagen.
• Menschen, die alleine keinen Ausweg mehr finden können.
• Menschen, die sich mit ihrer Not im Stich und allein gelassen fühlen.
• Menschen, die bereits erfolglos von Pontius nach Pilatus gelaufen sind.
• Menschen, die die Hoffnung auf Hilfe schon – fast – aufgegeben haben.
• Menschen, die aus genau den genannten Gründen auf seine Heilsversprechen hereinfallen.
Diese Menschen zu verurteilen, wäre ein schwerer Fehler.
Hochmut ist keine Hilfe und von neunmalklugen „Experten“ in der Familie oder im Freundeskreis haben sie nun wirklich genug.
Als ehemals leitender Therapeut einer Klinik habe ich Frauen und Männer kennen gelernt, die selbst Opfer von Scharlatanen geworden sind. Diese Patienten waren ganz sicher nicht auf „den Kopf gefallen“.
Sie wussten in ihrer unbeschreiblichen Not nur weder ein noch aus.
Diese Not war es, die sie in die Fänge des Scharlatans trieb und ihn nicht oder nicht rechtzeitig genug als blendenden Betrüger erkennen ließ.
Damit dir oder deinen Bekannten diese Ent/Täuschung erspart bleibt, habe ich eine Checkliste erstellt, die über eine Beschreibung des Scharlatans aus Kinderbüchern weit hinausgeht. (2)
Dass der Scharlatan sich nicht selbst als Scharlatan ausgibt, das versteht sich von selbst.
Er würde nie zugeben, dass er sein Wissen und Können lediglich vortäuscht, um sich vorsätzlich finanziell zu bereichern?! Denn genau das macht er. Er bietet „professionelle“ Dienstleistungen an, für die er nicht ausgebildet ist und von denen er keine Ahnung hat. (3)
Er trägt vielmehr – als Wolf im Schafspelz – nicht geschützte Berufsbezeichnungen wie beispielsweise: Berater, Coach, Therapeut, Heiler oder sonst dergleichen.
Seine Beute sind die „Schwarzen Schafe“ und an diesen mangelt es (ihm) nicht.
Trieb sich der Scharlatan einst noch auf mittelalterlichen Märkten rum, so ist er heute selbst vom modernen Markt umgeben. Er muss seine Dienste nur glaubhaft anpreisen und so auf sich aufmerksam machen (4) … in Zeitungen, auf Flyern oder im Netz. Seine unschuldigen Opfer kommen von ganz alleine.
Aber wie erkennt man denn nun solch einen Scharlatan?
Ganz einfach mit diesen 20 Punkten:
01 Ein Scharlatan versucht dich daran zu hindern, vor oder während deiner Beratungs- oder Behandlungszeit eine zweite Meinung einzuholen.
02 Ein rät dir, eine laufende Therapie, eine Beratung oder ein Coaching einzustellen und/oder die vom Arzt verschriebenen Medikamente abzusetzen.
03 Er hilft dir angeblich genau dort, wo Mediziner, Psychologen, Psychotherapeuten, Berater oder Coaches „kläglich“ versagt haben.
04 Er erkundigt sich nicht nach ärztlichen Diagnosen und bisherigen Therapien, ohne diese zu verdammen und seine Heilsmethode als Königsweg anzupreisen. (Universalanspruch)
05 Er behauptet, dass er der Einzige ist, der dir mit seiner Methode helfen kann. (Bindung an seine Person)
06 Er verspricht dir eine hundertprozentige Erfolgsgarantie. (Heilsversprechen)
07 Er macht dir dein Mitspracherecht „abspenstig“ und unterweist dich in seiner wahrhaftigen Weltanschauung.
08 Er verspricht dir die „wahre Ursache“ deines Lebensproblems oder deiner aktuellen bzw. chronischen Krankheiten zu erkennen, und sie zu kurieren.
09 Er will dir einreden, dass seine Methode bei allen Problemen oder Krankheiten wirkt.
10 Er schiebt ausbleibende Erfolge auf deine Einstellung und deinen fehlenden Glauben.
11 Er verlangt von dir in Vorkasse zu gehen und/oder will dir Folgetermine im vorab verkaufen.
12 Er arbeitet mit der Faszinationsmethode, denn sein Büro steht voll von symbolischen Figuren, mystischen Utensilien oder er kleidet sich auffällig andersartig. (5)
13 Er empfiehlt dir oder drängt darauf, Abstand zu Familie und Freunden zu nehmen, da sie deine Fortschritte und den „Heilungsprozess“ nur behindern würden. (Isolation)
14 Er erwartet ein Schweigegelöbnis von dir, welches dich nicht in Austausch mit anderen bringt.
15 Er beantwortet dir deine kritischen Fragen nicht, denn deine Kritik verrät nur deine falsche Einstellung und ist ein Zeichen deiner Probleme oder Krankheit.
16 Er verstärkt während der Zusammenarbeit deine Befürchtungen und Ängste, was passieren könnte, wenn du nicht mehr auf ihn zurückgreifen könntest.
17 Er prognostiziert dramatische Zukunftsszenarien bei Abbruch der „Behandlung“. (Er will dich auf Zeit abhängig machen und finanziell ausbeuten.)
18 Er wird von dir bezahlt, aber du erhältst keine Quittung / Rechnung von ihm.
19 Er bietet dir Produkte an, die du nur bei ihm kaufen kannst und sonst nirgends.
20 Er bietet dir dubiose „Ab-Zahlungsmöglichkeiten“ an, wenn du ihn gerade nicht mit Geld bezahlen kannst.
Welchen wichtigen Punkt habe ich deiner Meinung nach nicht mit aufgenommen?
Gerne kannst du diesen Punkt deinem Kommentar hinzufügen!
Autor: Marco Wegner
Literatur:
(1) siehe hierzu: Paul, Hermann (2002) Deutsches Wörterbuch. Bedeutungsgeschichte und Aufbau unseres Wortschatzes. 10. überarbeitete und erweiterte Auflage, Tübingen: Niemeyer, S. 831
(2) Poldner, Ursula / Blaumeister, Josef (1980) Der Scharlatan. Lasst uns mal sehen, was ein Schlawiner so treibt. Delphin: München/Zürich (Kinderbuch 30 Seiten)
(3) vlg. Kluge, Friedrich (1999) KLUGE. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache., 23., erweiterte Auflage, Berlin / New York: Walter de Gruyter, S. 712
(4) „Das Ziel ist, darauf aufmerksam zu machen, dass Sie auf sich aufmerksam machen können, danach kann man immer noch sehen, ob Sie auch etwas können!“
Maier, Corinne (2005) Die Entdeckung der Faulheit. Von der Kunst, bei der Arbeit möglichst wenig zu tun. 5. Auflage, Aus dem Französischen von Hanna van Laak, München: Wilhelm Goldmann, S. 60
(5) Thomas Mann beschreibt das auffällige Outfit von Cipollas wie folgt: „Vielleicht mehr als irgendwo ist in Italien das achtzehnte Jahrhundert noch lebendig und mit ihm der Typus des Scharlatans, des marktschreierischen Possenreißers, der für diese Epoche so charakteristisch war, und dem man nur in Italien noch in ziemlich wohl erhaltenen Beispielen begegnen kann.“
Mann, Thomas (2005/1930) Mario und der Zauberer. Ein tragisches Reiseerlebnis. In: Die Erzählungen. Frankfurt am Main: S. Fischer, S. 690-743, S. 706