Als Kind habe ich gärtnern gehasst und wollte später nie einen eigenen Garten haben.
Das ständige Unkrautjäten, den Boden auflockern – alles immer schön in Reihen und in der größten Hitze.
Unzählige Gießkannen habe ich von A nach B geschleppt. Wobei das Gießen an sich noch Spaß machte, wenn die Füße dabei eine Abkühlung erhielten oder sich im Beet kleine Bäche bildeten weil man das Wasser genervt und viel zu schnell auf die Pflanzen kippte. Leider überlebten manche von ihnen den Gießeinsatz nicht und spätestens dann war auch hier der Spaß vorbei.
Aber die unzähligen Stunden im Garten hatten auch ihre schöne Seiten. Könnt ihr euch noch an das Gefühl erinnern, als ihr als Kind barfuß über das noch feuchte Gras gelaufen seid? Oder die faulen Stunden auf der Schaukel, als ihr den Bienen und Hummeln im Rosenbeet einfach nur zugeschaut habt? Aus Gänseblümchen wurden Kränze geflochten und die Mutigen wagten sich in schwindelerregende Höhen um die prallen, roten Kirschen vom Baum aus Nachbars Garten zu stibitzen. Die waren nämlich immer viel leckerer als die eigenen.
Aber auch die Erwachsenen nutzten neben der Schufterei die Vorzüge des eigenen Gartens. Ich erinnere mich noch gut an lange, laue Grillabende, als der Rumtopf geleert wurde und der Duft von Bratwurst und Steak in der Luft hing.
Stress und Alltagssorgen hatten keinen Platz im Garten. Man schuf sich eine eigene, kleine heile Welt. Jeder für sich, so, wie es ihm gefiel. Inmitten von Gemüserabatten und Obstbäumen fand jeder für sich Ruhe und Entspannung.
Mit den Jahren verblassten die Erinnerungen an die guten alten Zeiten. Inmitten von Terminstress, privaten und beruflichen Verpflichtungen und dem täglichen Wahnsinn zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie empfand ich den Gedanken an einen eigenen Garten eher als zusätzliche Belastung. Und so kam es, dass das kleine Fleckchen Erde, was ursprünglich mal ein Garten werden wollte, trostlos zum Urwald verkümmerte. Bis zu dem Tag, als ich ein Buch zum Thema achtsames Gärtnern in der Hand hielt. Das Thema Achtsamkeit war mir zu dieser Zeit schon länger vertraut und ein täglicher Begleiter geworden. Ich wäre aber nie auf die Idee gekommen, diese Form der mentalen Entspannung beim Gärtnern zu praktizieren. Was für mich in diesem Moment noch völlig neu war, zeichnete sich bereits als neuer Trend ab. Das achtsame Gärtnern boomt. Der Garten ist zur mentalen Entspannungsoase geworden. Schon längst wird der Garten nicht mehr nur zur Versorgung mit Obst und Gemüse genutzt. Er bildet den Mittelpunkt der persönlichen Entfaltung und Selbstverwirklichung.
Es wird nicht mehr einfach nur Unkraut gejätet, umgegraben und gegossen. Nein, das ganze wird regelrecht zelebriert. Man konzentriert sich ganz auf den gegenwärtigen Augenblick und nimmt ganz bewusst wahr, wie sich die Pflanzen entwickeln – ganz im Sinne der Achtsamkeit.
Der Garten mit allem drum und dran ist der perfekte Ort geworden, um sich in Achtsamkeit zu üben. Das hatte ich für mich nun auch erkannt. Und so kam es, dass ich meine mentalen Entspannungsübungen nun öfters inmitten brach liegender Beete praktizierte und mir dabei vorstellte, wie mein Traumgarten aussehen sollte. Zwischen Bodyscan und Atemmeditation entstanden die tollsten Visionen von bunten Beeten und blühenden Obstwiesen. Beim Einkaufen hetzte ich nicht wie sonst üblich durch das Gartencenter, sondern ich genoss den Augenblick.
Probiert es selbst mal aus. Konzentriert euch auf die Pflanzen. Fühlt sie, riecht sie. Das entspannt. Und freut euch, wenn ihr euer Traumexemplar gefunden habt und mit nach Hause nehmt. Gute Laune vertreibt Kummer und Sorgen und senkt den Stresspegel.
Sobald die Pflanzen ihren Platz in meinem Reich gefunden hatten, begann für mich die Zeit des Abwartens und Beobachtens. Auch Tiefschläge muss man hinnehmen. Und man muss lernen, sich nicht die Schuld dafür zu geben. Im täglichen Leben läuft auch nicht immer alles nach Plan. Dann probiert man es einfach noch einmal. Beim achtsamen Gärtnern geht es nicht darum, alles perfekt zu machen. Es geht um den Moment, um die Freude und das Erleben.
Irgendwann stellte ich dann fest, dass sich ein kleines Paradies für mich entwickelt hatte. Der Aufwand hatte sich tatsächlich gelohnt und wo einst vertrocknetes Gras war, summten die Bienen und Hummeln und tummelten sich unzählige Schmetterlinge. Aber was noch viel wichtiger war, war das Gefühl beim Anblick von alledem. Eine tiefe Zufriedenheit über etwas, was man selbst geschaffen hat. Ein mentaler Rückzugsort ist entstanden. Eine kleine heile Welt, die es ermöglicht, den hektischen und lauten Alltag auszublenden und ganz zu sich selbst zu finden.
Teilt diesen ganz besonderen Ort mit der Familie, mit euren Kindern und Freunden. Oder genießt ihn ganz allein. Seid stolz auf euch.
Ich wünsche euch viele achtsame Stunden in eurem Garten.
Eure Frieda Fröhlich
Auto: Frieda Fröhlich